Als ich von der Wahl der Taglilie zur Staude des Jahres erfuhr, habe ich spontan in die Hände geklatscht. Endlich bekommt einmal eine meiner absoluten Lieblingspflanzen die Aufmerksamkeit, die ihr zusteht. Eine Laudatio auf diese wunderschönen und vielseitigen Stauden würde mir also leicht von der Hand gehen. Dachte ich jedenfalls. Als ich dann vor dem Rechner saß und mich so durch die unendliche Sortenvielfalt des Hemerocallis-Angebots klickte, wusste ich plötzlich gar nicht mehr so Recht, womit ich denn nun beginnen sollte.
Wollte ich zuerst die unglaubliche Vielfalt der Sorten hervorheben, ihre praktische Unkompliziertheit betonen oder über die farbenprächtigen, fantastischen Blüten schwärmen? All das sind nämlich unumgängliche Gründe, einer Taglilie ein Plätzchen im eigenen Garten zu reservieren. Während ich noch über den Anfang meines Textes brütete, warf mein Mann aus dem Hintergrund eine Frage in den Raum: „Warum heißen die eigentlich Taglilien?“ Weil jede Blüte nur einen Tag hält. „Das ist aber traurig.“ konterte meine bessere Hälfte. Nein, ist es nicht, denn das fällt mit der Fülle der Blüten überhaupt nicht auf! Viele Sorten blühen über Wochen immer wieder und wieder nach, manche sogar mehrmals im Jahr. Zum Beispiel die beliebte und preisgekrönte Sorte 'Stella d'Oro', die mit ihren goldgelben, dicht über den Blättern stehenden, Blüten und dem kompakten Wuchs gern als Beeteinfassung oder in Kübeln verwendet wird.
Lilien heißen sie übrigens, weil ihre Blüten den „echten“ Lilien sehr ähnlich sehen, jedoch ohne deren Anfälligkeit für Krankheiten und Schädlinge zu besitzen. Sie bestehen aus drei äußeren und drei inneren Blütenblättern und variieren in der Größe von zierlichen 7-9 cm Durchmesser der hübschen gelben Wildformen (wie z.B. Hemerocallis middendorfii oder Hemerocallis minor) bis hin zu immensen 15-20 cm großen Blüten diverser Zuchtsorten. Auch in der Form der Blütenblätter unterscheiden sich die Sorten voneinander, einige sind eher rundlich, andere länglich und spitz zulaufend, wieder andere sind schmal und spinnenähnlich. Diese „Spider-Taglilien“ sind ein Trend aus Amerika. Mir persönlich gefallen sie nicht besonders, aber das ist ja reine Geschmackssache. Apropos Geschmackssache...die Blüten sind übrigens essbar. Dummerweise hatte ich meinen Kindern diese Info nicht vorenthalten und so hatte ich einen ganzen Sommer lang nur die traurigen, kahlen Blütenstiele meiner sonst so üppigen Taglilien-Pracht in den Beeten stehen.
Die gesamte Farbpalette der Taglilien hier aufzuführen, würde den Rahmen sprengen, denn diese ist mittlerweile so groß, dass kaum noch Wünsche offen bleiben. Selbst zweifarbige Blüten mit spektakulären Farbkompositionen wie bei Hemerocallis x cultorum 'Fooled Me' (goldgelb mit rotem Innenring) oder Hemerocallis x cultorum 'Moonlight Masquerade' (cremefarben mit purpurbraunem Innenring) und sogar gefüllte Sorten (z.B. 'Double Firecracker') sind im riesigen Sortiment zu finden.
Aber auch die sanften Farben, wie das zarte Rosa von Hemerocallis x cultorum 'Catherine Woodberry' oder den romantisch-barocken Sorten 'Lacy Doily' und 'Little Anna Rosa', haben ihren Reiz. Ich empfehle auch immer gerne die fröhlich leuchtenden Gelb- und Orangetöne z.B. die hübsche kleinblütige Thunbergs-Taglilie (Hemerocallis thunbergii) oder die strahlende Stade-Züchtung 'Mandarine'. Sie kommen besonders gut vor dunklen Hintergründen zur Geltung und sind sogar in der Abenddämmerung noch lange gut zu sehen. Eine Sorte mit Hingucker-Garantie ist die Hemerocallis x cultorum 'Bela Lugosi'. Ihre prächtigen, purpurroten Blüten bilden einen schönen Kontrast zum grüngelben Schlund.
Bei der Sortenauswahl kann man also aus dem Vollen schöpfen, wer hier nichts Passendes findet ist selber schuld. Taglilien sind obendrein noch äußerst langlebig und benötigen nur ein Minimum an Pflegeaufwand. Karl Foerster, der bekannte Züchter und Garten-Poet, hat sie einst „die Blume der intelligenten Faulen“ genannt. Das trifft es meiner Meinung nach auf den Punkt, denn ihre Ansprüche beschränken sich auf eine ordentliche Düngergabe im Frühjahr und die Teilung der Wurzelstöcke im Frühjahr oder Herbst, wenn sie nach einigen Jahren einmal blühfaul geworden sind. Ansonsten gedeihen sie sowohl in der Sonne als auch im Halbschatten und mögen einen nicht zu trockenen, durchlässigen Boden. Die natürliche Gesundheit der Taglilien verleiht ihnen eine hohe ökologische Potenz, denn sowohl während der Anzucht in der Staudengärtnerei, als auch später beim Kunden im Beet, muss so gut wie kein Pflanzenschutzmittel oder ähnliches verwendet werden.
Wegen ihres üppigen Wuchses werden Hemerocallis meist einzeln als Leitstauden im Beet eingeplant, aber auch reine Taglilienbeete sehen fantastisch aus. Mit ihren schmalen, frischgrünen Blättern wirken sie wie horstig wachsende Gräser und so können sie auch verwendet werden. In diesem Zusammenhang fällt mir immer der passende Satz eines Gärtnerkollegen ein: "Hemerocallis sind wie Gräser mit Blüten."
All diese Vorzüge macht die Taglilie für mich zu einer Grand Dame der Beetstauden, die in keinem Garten fehlen sollte!
Hier finden Sie unser komplettes Tagliliensortiment
[Text Marion Hüning]