In diesem Jahr ist wieder einmal eine Pflanze Staude des Jahres, die sich schon seit Jahren im Staudensortiment bewährt hat und dennoch leider viel zu selten die Anerkennung bekommt, die sie verdient. Für viele unserer Kunden ist sie meist nur der robuste ausläufertreibende Bodendecker für schattige Plätze, der wegen seines dichten Wuchses gerne als Unkrautvertreiber und Flächenbegrü- ner gepflanzt wird. Was ja an sich eigentlich schon genug gute Gründe sind, sich für Epimedien zu entscheiden.
Doch es lohnt sich auch, einmal in die Knie zu gehen und in das Reich der anmutigen Elfenblumen einzutauchen, wenn sie im April und Mai ihren Blütenreigen tanzen. Die grazilen Blüten, bestehend aus vier äußeren und vier inneren Blütenblättern, lassen den Betrachter an die wallenden Röcke von tanzenden Elfchen und Zauberwesen denken. Den passenden Namen 'Elfenblumen' haben sie übrigens dem bekannten Staudenzüchter Karl Förster zu verdanken, dem der frühere Name 'Sockenblume' für diese zarten Geschöpfe wohl nicht besonders gut gefallen hat. Die Gattung Epimedium gehört zur Familie der Sanddorngewächse und ist mit etwa 35 Arten die größte Gattung der staudigen Berberidaceen.
Die aus Europa stammenden und zumeist robusteren Arten werden heute unter der westlichen Gruppe zusammen gefasst. Die größten natürlichen Vorkommen finden sich jedoch in China und Japan und werden als östliche Gruppe bezeichnet. Die Inhaltsstoffe der Pflanzen werden dort gegen diverse Krankheiten wie z.B. Asthma, Rheuma und Krebs eingesetzt. Bei meinen Recherchen im Internet habe ich erfahren, daß sie sogar gegen Impotenz und als Aphrodisiaka wirksam sein sollen. In China erzählt man sich, dass ein Ziegenhirte um das Jahr 200 v. Chr. bemerkte, daß seine Herde sexuell aktiv wurde, nachdem sie die Blätter von Epimedium gefressen hatte. Das erklärt auch den chinesische Namen für Epimdium, der übersetzt 'Ziegenkraut' bedeutet.
Charakteristisch für Epimedien sind die dicht unter der Erde wachsenden Wurzelstöcke mit mehr oder weniger langen Rhizomen. Sie lieben den lichten Halbschatten und lockere humose Böden. Einige Arten vertragen jedoch auch extrem trockene Standorte in tiefstem Schatten und sollten daher bei der Suche nach Bodendeckern unter Gehölzen auf keinen Fall außer Acht gelassen werden.
Im Frühjahr sollte das alte Laub zurückgeschnitten werden, um neuen Trieben Platz zu machen, jedoch nicht allzu früh, da es auch einen gewissen Schutz vor Spätfrösten bietet. Von Vorteil ist es bei allen Sorten, heruntergefallenes Laub als zusätzlichen Winterschutz auf den Pflanzen liegen zu lassen.
Viele Arten bilden sehr feste, fast ledrige Blätter aus, welche je nach Sorte von zarten Grüntönen über Kupferrot bis hin zu dunklem Schwarzrot variieren und in geschützten Lagen oder milden Wintern sogar immergrün bleiben. Da sie sehr haltbar und vielseitig sind, werden die Blätter auch gerne in Sträuße eingebunden und in der Weihnachtsfloristik verwendet.
Die wohl bekannteste Sorte unter den Elfenblumen ist Epimedium x perralchicum 'Frohnleiten'. Sie ist ein ausgezeichneter Flächenbegrüner, gut winterhart und immergrün. Im zeitigen Frühjahr schiebt sie ihre leuchtendgelben Blüten über das sattgrüne Laub und bringt dunkle Gartenecken zum Erstrahlen. Die "Faulen" unter uns werden jetzt aufhorchen, denn die Sorte 'Frohnleiten' ist ein hervorragender Laubschlucker, heruntergefallene Blätter werden im Frühjahr einfach vom Neuaustrieb der Pflanzen versteckt und müssen nicht entfernt werden.
Ebenfalls wüchsig und immergrün bleibend sind die Sorten Epimedium versicolor 'Sulphureum' und Epimedium x warleyense 'Orangekönigin'. Beide Sorten werden ca. 25 cm hoch und kommen auch an schwierigen Standorten sehr gut zurecht. Epimedium 'Sulphureum' besticht durch seine wunderschöne rote Herbstfärbung und die Blüten der Epimedium 'Orangekönigin' erfreuen uns im April mit einem frühlingsfrischen Orangeton.
Erwähnenswert im Ensemble der Wintergrünen ist auf jeden Fall noch meine Lieblingssorte Epimedium versicolor 'Cupreum'. Sie zeigt schon im Austrieb eine hübsche braune Zeichnung auf ihren ansonsten grünen Blättern und verwandelt sich im Spätsommer nach und nach in eine kupferrote rassige Schönheit, an der man einfach nicht vorbei schauen kann. Auch ihre Blüten im Frühjahr passen zur elitären Erscheinung dieser Sorte, die äu- ßeren Blütenblätter sind zart rötlichbraun, im Inneren ist sie hell buttergelb.
Da die Blüten der Elfenblumen im Allgemeinen recht klein sind, wurde in den letzten Jahren gezielt auf größere auffälligere Blüten gezüchtet und heraus kamen die Epimdium grandiflorum-Sorten. Ihre langespornten Blüten sind bezaubernd, sie zeigen sich gerne in spektakulären Farben. 'Akebono' zum Beispiel, ist eine der herausragenden Neuzüchtungen aus Japan, sie schwelgt von April bis Mai in einem Meer aus weißrosa Blüten.
Wer es eher knallig mag, sollte die Sorten 'Red Beauty' oder 'Rubinkrone' wählen. Beide begeistern durch auffällige Rottöne. Altbewährt und immer wieder schön ist auch die Sorte 'Lilafee' mit ihren violetten Blüten und dem bildschönen im Austrieb rotgerandeten Laub.
Ebenfalls auf eine spektakuläre Blüte hin gezüchtet, wurden die Epimedium cultorum-Sorten. Da gefallen mir persönlich besonders die Sorten 'Fire Dragon' (R) mit violettroten Blüten und gelben Honigblättern an langen hellgelben Sporen und 'Arctic Wings', die mit ihren reinweißen Blüten mit cremeweißem Zentrum wie eine strahlende Braut anmutet.
Für schattige Plätze in Steingärten besonders geeignet sind die schwachwachsenden Epimedium youngianum-Sorten, die mit weißen (Epimedium youngianum 'Niveum') und lilarosa (Epimedium youngianum 'Roseum') Blüten aufwarten und deutlich kleiner und zarter bleiben als ihre Artgenossen.
So, das war es erst einmal von der Epimedium-Front. Mit Sicherheit werden wir in den nächsten Jahren noch einige aufregende Neuzüchtungen zu sehen bekommen. Ich freu mich drauf !
Zum Guten Schluss möchte ich noch einmal Karl Förster zitieren, der wie immer die richtigen Worten für diese vielseitigen und unkomplizierten Wegbegleiter gefunden hat:
Die Elfenblumen sind ebenso zarte und zauberhafte Erscheinungen, wie es gleichzeitig sehr robuste Pflanzen sind, die es an Lebenszeit mit Menschen aufnehmen.“ (Karl Foerster, Steingarten der sieben Jahreszeiten, Neumann 1981, S.199)
[Text Marion Hüning]