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Verrat der Tigerschnegel

Verrat der Tigerschnegel

Verrat der Tigerschnegel



Von meinen kleinen, gescheckten Sicherheitsbeauftragten im Garten habe ich ja schon einmal berichtet. Der gemeine Tigerschnegel und seine Brut leben nun bereits seit einigen Jahren bei mir und sorgen für eine stetige Dezimierung der RNF (Rote Nacktschnecken-Fraktion). Das dachte ich zumindest bislang. Der perfide Verrat meiner untreuen Untertanen wurde mir erst vor ein paar Wochen allzu schmerzlich vor Augen geführt, als unser Umzug in eine neue Wohnung bevorstand. Nach dem Transport aller Kübelpflanzen in den neuen Garten durchzuckte mich plötzlich die Erkenntnis, dass ich meine hilfreichen Freunde nicht einfach schmählich zurücklassen sollte. Man ist schließlich für seine Haus...äh... Weichtiere verantwortlich! Und außerdem gäbe es im neuen Garten ja möglicherweise auch genug Arbeit für die Pflanzenpolizei.

Das Verständnis meiner Familie dafür, die glitschigen Kollegen mit ins neue Paradies zu nehmen, hielt sich wie erwartet in Grenzen. Ich wurde sogar ausgelacht, aufgrund der Tatsache, dass ich keinerlei Vorstellung hatte wie ich dies bewerkstelligen sollte.


Schließlich konnte ich ja nicht einfach Käfige aufstellen und hoffen, dass unter den Gefangenen auch ein paar Schnegel sein mögen. Wieso ei- gentlich nicht? Die Idee feuchte Holzstücke im Garten auszulegen, die Nacktschnecken scheinbar gerne als Wellness-Oase nutzen, hatte ich aus einem meiner Gartenbücher. Gedacht, getan. In den ersten Tagen waren die kleinen, selbstgebastelten Liegestühle unter den Hölzern noch leer, aber nach einigen warmen Nächten schauten mir morgens tatsächlich einige erstaunte Stielaugen entgegen. Leider gehörten alle dem Feind...... sprich der roten Wegschnecke, die ja laut meinen Berechnungen eigentlich längst vom Tigerschnegel ausgerottet sein sollte. Von der gescheckten Sicherheitspolizei keinerlei Spur. Von diesem Zeitpunkt an wehte bereits ein eiskalter Wind durch ihren Arbeitsvertrag. Und dann kam der Tag der großen Enttäuschung. Bei der morgendlichen Kontrolle der Schnecken-Fangvorrichtung entdeckte ich den ersten Tigerschnegel. Die aufkommende Freude darüber wurde jedoch sofort gedämpft von der Tatsache, dass er Wange an Wange, zumindest vermutete ich dort die Wange, mit einer roten Nacktschnecke hockte. In der Schaltzentrale meines Kleinhirns wurde umgehend der rote Buzzer betätigt. Alaaaarm!!!


„Die Exekutive macht gemeinsame Sache mit dem Feind! Nix töten, auffressen oder vors Törchen setzen! Im Gegenteil, die kuscheln sogar miteinander!" Unfassbar! Der Versuch meiner tierlieben Tochter dieses Verhalten mit: „Der war sicher Veganer" zu entschuldigen, scheiterte kläglich, denn das blieb kein Einzelfall. Ich sah in den nächsten Tagen noch einige dieser heimlichen Liebschaften. Der Höhepunkt der Unverfrorenheit war allerdings ihr gemeinsames Candle-Light-Dinner auf meinem Pflücksalat. Was zuviel ist, ist zuviel! Noch am selben Tag entließ ich sämtliche Tigerschnegel fristlos aus meinen Diensten. Ab jetzt werde ich dann wohl wieder nachts mit Eimerchen und Taschenlampe durch den Garten tapsen. Diesmal sollte ich aber vielleicht vorher die Nachbarn informieren.



Text: Marion Hüning