Wenn man heute durch die Straßen einer typischen Neubausiedlung geht und einen Blick in die perfekt durchgestylten Vorgärten wirft, kommt
man sich manchmal eher vor wie in einer Steinwüste. Akkurat und aufgeräumt liegt dort Stein an Stein, ab und an unterbrochen durch ein Gras
oder eine immergrüne Pflanze um zumindest annähernd eine Art Gartencharakter entstehen zu lassen.
Oft wird auf eine Bepflanzung sogar komplett verzichtet. Stylisch, pflegeleicht und möglichst unkrautfrei soll es sein, das perfekte Beet für den
modernen Gartenbesitzer von heute. Auch Städte und Kommunen greifen gerne auf dieses Konzept zurück, verspricht es doch weniger Arbeit
und somit Kostenersparnis. Doch das ist ein Trugschluss, denn ohne Pflege kommt auch ein Schotterbeet nicht aus. Abgefallene Blätter und totes
Pflanzenmaterial müssen regelmäßig entfernt werden, denn sonst bilden sie einen wunderbaren Nährboden für Unkräuter, die sich zwischen den
Steinen ansiedeln. Häufig auftretende Moos-Bildung auf den Steinen ist ebenfalls unschön und macht zusätzliche Arbeit.
Es gibt aber noch ganz andere Probleme, die eine „Versteinerung“ unserer Gärten mit sich bringt. Durch die Flächenversiegelung kommt es zu
immer mehr anfallendem Oberflächenwasser. Bei Starkregen kann die Kanalisation meist nicht so schnell die große Menge an Wasser aufnehmen
und Überschwemmungen sind die Folge. Auch unser Stadtklima wird durch die fehlende Bepflanzung gravierend beeinflusst. Im Sommer heizen
sich die Steine stark auf, speichern die Hitze und kühlen sich nur sehr langsam wieder ab. In den eh schon schlecht klimatisierten Innenstädten ist
der Wegfall dieser notwendigen Kaltluftschneisen ein ökologisches Desaster.
Gerade die Vorgärten sind elementar wichtig für die Artenvielfalt und das Klima in den Städten. Der Naturschutzbund Deutschland betitelt unsere
Gärten und grünen Oasen als ökologische Trittsteine für vielfältige Pflanzenarten, Insekten und Vögel, die sich von Trittstein zu Trittstein fortbewegen und dort Nahrung finden können. Fehlen die Pflanzen, fehlt auch ein wichtiger Lebensraum für Vögel und viele Insektenarten, darunter auch die wichtigen Bienen.
Trotz allem muss aber auf Beete mit Steinabdeckung nicht völlig verzichtet werden. Schotterflächen können erhalten bleiben, wenn sie mit ausreichend Stauden oder Gehölzen bepflanzt werden. Bei Stauden z.B. sollte man im Durchschnitt etwa fünf bis sieben Pflanzen pro Quadratmeter einplanen. Dadurch erreicht man unter anderem eine bessere Beschattung und somit geringere Aufheizung der Flächen. Ein Teil des Regenwassers kann
bei höherer Pflanzendichte bereits vom Boden und von den Pflanzen aufgenommen werden und entlastet die oft überforderte Kanalisation. Einen
hohen ökologischen Nutzen haben heimische Gehölze und Stauden, besonders die sogenannten Bienenfutterpflanzen sollten wieder mehr gepflanzt
werden.
So kann jeder Gartenbesitzer einen kleinen Teil zur Erhaltung der Arten und zum Schutz der Natur beitragen. Noch ist es nicht zu spät die scheintoten
Vorgärten zu reanimieren und der grünen Lunge wieder neues Leben einzuhauchen. Außerdem macht doch ein Garten, der lebt, soviel mehr Spaß als
eine öde Steinwüste!
Marion Hüning