Ich behaupte, ein Garten kann wie ein guter Krimi sein, denn viele Dinge, die einen spannenden Kriminalroman ausmachen, können uns auch bei
der Gartenplanung inspirieren.
Da wäre zuerst einmal der Titel, der uns ansprechen soll. Im Falle des Gartens ist das eine Tür, ein Tor oder eine Pforte, die uns einlädt hereinzukommen und in diese Geschichte einzutauchen.
Wie ein Krimi gibt auch ein geschickt geplanter Garten zu Anfang nur einen kleinen Teil seines Wesens preis. Etwas, das uns neugierig auf mehr
macht. Etwas, das uns bewegt weiter zu gehen und tiefer in diese unbekannte Welt vorzudringen. Ein gewisser Voyeurismus ist dabei sicherlich
Antrieb und meiner Meinung nach auch nichts Verwerfliches, denn er steckt schließlich in jedem von uns.
Im Krimi baut die Geschichte nach und nach immer mehr Spannung auf und hält so den Leser bei der Stange. Dies kann im Garten durch verschiedene Gartenräume entstehen, die den Blick auf bestimmte Bereiche verhindern und hinter jeder Ecke neue Blickwinkel ermöglichen. Auch
durch eine gut durchdachte Bepflanzung kann Langeweile im Beet vermieden werden.
Dabei sind nicht nur Blüten die Hauptdarsteller, denn auch das Blattwerk weiß sich perfekt in Szene zu setzen. Verschiedene Blatt und Blütenformen miteinander kombiniert, erzeugen ein lebendiges Gartenbild. Kugelige Blüten, wie zum Beispiel vom Kugellauch, harmonieren perfekt mit
länglichen Blütenformen, zum Beispiel von Blutweiderich oder Ehrenpreis. Unterschiedliche Blattgrößen und Formen, z.B. das große Blatt der
Schaublätter neben den schmalen gefransten Blättern des Schildfarns und deren verschiedene Farbnuancen bringen Spannung und Abwechslung in die Bepflanzung. Weiche Formen, wie von überhängenden Gräsern, in Kombination mit den harten Konturen von kantigen Steinen oder
gradlinigen Natursteinmauern, geben Struktur und Tiefe.
Der Höhepunkt des Garten kann dann ein optischer Leckerbissen und Hingucker sein. Ein interessantes Wasserspiel, eine auffällig gepflasterte Terrasse, ein besonders farbintensiv bepflanztes Beet, da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Hauptsache, es polarisiert! Auch starke Kontraste ziehen
die Blicke unweigerlich auf sich. Da knallt zum Beispiel plötzlich das dunkle Rot einer Taglilie vor einer hellen Wand in unser Auge oder dort leuchtet eine schneeweiße Prachtspiere aus einer dunklen Ecke hervor und lockt uns tiefer in einen bestimmten Gartenbereich.
Wenn wir am Ende des Gartens angelangt sind, sollte sich möglichst alles zu einem harmonischen Gesamtbild zusammenfügen. Wie auch im Krimi
wird zum Schluss die Spannung aufgelöst und durch den Blick zurück begreift der Betrachter nun das große Ganze.
Ein guter Gartenplaner ist also immer auch ein bisschen Krimiautor.
Marion Hüning