Mein kleiner Minigarten, ich nenne ihn gerne Handtuch-Garten, ist für mich manchmal eine Herausforderung. Gerade weil er so klein ist! Als Staudengärtnerin verkaufe ich tagtäglich die allerschönsten Sorten in dem Wissen, dass in meinem eigenen grünen Wohnzimmer kaum noch Platz für neue Mitbewohner ist. Das Dahinscheiden der ein oder anderen Pflanze (und dafür schäme ich mich fast ein bisschen) löst bei mir daher meist eher ein freudiges Kribbeln in den Fingerspitzen aus, als Tränen über den Verlust derselben. So auch vor ein paar Jahren, als das Geißblatt, welches bis dato meine Holz-Pergola berankt hatte, sich nach einem sehr nassen Winter entschied das Zeitliche zu segnen. Beim Entsorgen seiner kläglichen Überreste ging ich bereits gedanklich die Liste der Kletterpflanzen unseres Sortimentes durch.
Eine besonders hübsche Waldreben-Sorte stand ganz oben auf meiner Must-have-Liste: die Clematis texensis 'Princess Diana'. Ihre rosaroten, tulpenförmigen Blütenkelche erfreuen mich jedes Jahr aufs Neue und zahlreiche Kunden habe ich schon mit meiner Begeisterung angesteckt. Endlich hatte ich nun selbst Platz für die Schönheit und am Ende des nächsten Arbeitstages stand sie natürlich auch schon in meinem Einkaufswagen.
Das sonnige Plätzchen an der offenen Holzwand mit dem beschatteten Fuß gefiel ihr hervorragend. Sie wurzelte schnell ein und kletterte zügig in die Höhe. Auch den Winter überstand sie prima und trieb üppig wieder aus. Dennoch schaffte sie es leider nicht die komplette Wand zu beranken, vorne blieb immer noch eine kahle Stelle übrig. Daher kam mir die Idee, ihr eine weitere, andersfarbige Clematis an die Seite zu stellen, die die hässliche Lücke füllen sollte. Ich entschied mich für ein unaufdringliches Mittelblau, welches die knalligen Blüten der königlichen Hoheit nur sanft unterstützen sollte, ohne ihnen die Wirkung zu nehmen.
Erst während des Einpflanzens fiel dann mein Blick auf das Etikett: 'Prinz Charles'. Upps! Beim Aussuchen hatte ich überhaupt nicht auf den Sortennamen geachtet, sondern einfach das herausgegriffen, was mir farblich am besten zu passen schien. Nicht gerade eine gute Wahl, denn wirklich glücklich waren die Namensgeber der beiden Pflanzen im echten Leben ja bekanntlich nicht miteinander. Aber ich hatte wenig Lust noch einmal alles auszubuddeln und außerdem, so entschuldigte ich meine Bequemlichkeit vor mir selbst, wurde die echte Lady Di schließlich auch mehr oder weniger zwangsverheiratet. Also ließ ich sie nebeneinander stehen in der Hoffnung, dass sie sich aneinander gewöhnen würden. Dennoch nagte das schlechte Gewissen an mir.
Immer wenn ich an der Pergola vorbei ging, bildete ich mir ein, die vorwurfsvollen Blicke meiner Lieblings-Clematis im Rücken zu spüren. Auch ihr royaler Gesellschafter mäkelte herum und wollte nicht so recht gedeihen. Irgendwann hielt ich es dann nicht mehr aus: 'Prinz Charles' durfte umziehen. Er bekam einen schönen, neuen Platz neben einer Kamille, der Schafgarbe 'Parker's Var.' und dem Heiligenkraut 'E. Bowles'. (Kenner des britischen Adels wissen, warum ich gerade diese Zusammenstellung gewählt habe...). Dort fühlt er sich bis heute sichtlich wohl und ist imwahrsten Sinne des Wortes aufgeblüht. Mein Herzstück, die 'Princess Diana', hat nun den Platz wieder für sich alleine und bereitet mir sehr viel Freude. Ich suche allerdings immer noch nach einer passenden Begleitung für sie. Falls also jemand mal eine neue Clematis-Sorte züchtet: 'Dodi' wäre doch ein hübscher Name...
Marion Hüning